Requiem für einen Roten Teppich

Erinnerung an glückliche Zeiten
Erinnerung an glückliche Zeiten

Lieber roter Teppich,

 

Ich erinnere mich noch genau, 17 Jahre ist es nun her, da fandest Du Deinen Platz in unserer Familie. Erstanden von meinem allerersten Weihnachtsgeld, mit Liebe ausgesucht, auf den IKEA-Wagen gewuchtet und nach Hause geschleift haben wir Dich. Da lagst Du dann in unserer allerersten, echten, eigenen Wohnung, ganz rot und wollig und irgendwie ... sauber.

 

Damals lebten wir noch in einer 2-Zimmerwohnung und Haustiere durfte man dort nicht halten. Du bist mit uns umgezogen, und noch mal und noch mal und dann, ja, dann war es endlich soweit: eigenes Haus. Kein Vermieter mehr, der einem was verbieten konnte. Und noch bevor wir eingezogen waren: HUND!

 

Was haben wir alles auf Dir erlebt! Du warst Spielplatz, Kuschelplatz, Tobeplatz und Lernplatz.  Alles, wirklich alles, was ich Piri beigebracht habe, hat auf Dir seinen Anfang genommen, so sehr, dass sie immer gleich zu Dir lief und auf Dir wartete, wenn ich sie fragte, ob sie Lust auf Arbeit hätte.

 

Aber Piri fand Dich sowieso von Anfang an toll. Immer, wenn ich nicht aufgepasst habe, hat sie ihre Joghurtbecher auf Dir ausgeschleckt und dabei kräftig auf Dir herumgekleckert. Oder noch schlimmer: Knochen. Besonders die, die man so richtig schön weich kauen muss, damit man den Knochenschleim auf Dich drauf sabbern kann.

 

Die Krise habe ich bekommen, als ich sie mit einem ca. 1 m langem Stück Rinderbauchfell erwischte, dass sie aus ihrem Napf gezerrt hatte, um es in aller Ruhe auf Dir zu zerlegen. Innereien diverser Tiere hast Du auch live erlebt und, ja, ich gebe Dir Recht, ich hätte da besser aufpassen müssen. Manchmal habe ich mich gefragt, was ein Forensiker aus Dir machen würde. Vermutlich denken, dass wir Opferrituale abgehalten haben.

Hund, der sich in Kürze auf den roten Teppich begeben wird
Hund, der sich in Kürze auf den roten Teppich begeben wird

Dann kam Wolli. Zwölf Jahre alt und kein bisschen stubenrein. Ich hätte es ahnen sollen. Schon Ephraim Kishons Zwinji, Gott hab' ihn selig, hatte eine Vorliebe für rote Teppiche. Wolli war da nicht anders. Und, ja, ich war naiv. Naiv zu glauben, dass es reichte, Dich einfach aufzurollen und für ein paar Wochen an den Wohnzimmerrand zu schieben. Ich hatte nicht mit Wollis Sturkopf gerechnet. Bis ich rein kam und ihn oben auf der Rolle hocken sah.

 

Und warum sowohl Piri als auch Wolli immer fanden, dass man sich im Falle von Durchfall oder dem plötzlichen Bedürfnis, sich zu übergeben, unbedingt noch bis zu Dir schleppen musste, bevor man .... ja, also das weiß ich auch nicht.

 

Du weißt, ich habe mir alle Mühe gegeben. Ich kann Testberichte über jeden Teppichreiniger dieser Welt schreiben. Aber nach Wollis letzter Magen-Darm-Infektion muss ich mich leider geschlagen geben.

 

Lieber roter Teppich,

 

Du hast uns durch wundervolle Jahre begleitet. Dein Nachfolger wird es schwer haben, die Lücke zu füllen, die Du in unserem Wohnzimmer hinterlassen hast. Wir werden Dich nie vergessen.

 

Ruhe in Frieden.

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