Kleine Schritte

Ich war mal wieder auf Fortbildung. Das mache ich immer wieder gerne, auch wenn ich in der Regel nicht mehr all zu viel neues höre. Das ist einerseits enttäuschend, weil ich natürlich auch immer noch darauf hoffe, dass irgendjemand den Stein der Weisen gefunden hat, anderseits aber auch beruhigend, denn es heißt, ich bin eigentlich ziemlich up to date.


Trotzdem sind Fortbildungen sehr nützlich, denn ich überdenke dann zur Abwechslung mal wieder meine eigenen Methoden und haue mir mit der zusammengerollten Zeitung vor den Hinterkopf, weil ich mich auch nicht immer an das halte, was ich eigentlich weiß.


Diesmal habe ich mir nach dem Zeitungshauen vorgenommen, im Training wieder auf kleineren Schritten zu bestehen und mich nicht mehr selbst so unter Druck zusetzen, auch unrealistische Erwartungshaltungen zu erfüllen.


„Kleinschrittiger Aufbau“ ist ein Begriff, den vermutlich jeder Hundehalter schon mal gehört hat. Alles, vom simplen an der Leine laufen bis hin zu Problemverhalten wird „kleinschrittig aufgebaut“. Macht Sinn und jeder nickt verständnisvoll mit dem Kopf.


Aber wie klein „kleinschrittig“ wirklich ist, das ist oft schwer vorstellbar. Es ist langwierig, frustrierend und wirkt manchmal so sinnlos.


Gerade bei größeren Problemen, die man einfach nur „weg haben“ will, ist es nicht lustig, wenn man gesagt kriegt, man solle in Monaten oder gar Jahren denken und erstmal alles mögliche machen, was scheinbar überhaupt nichts mit dem eigentlichen Problem zu tun hat.


Man wollte doch nur 2 – 3 Hundeschulstunden und in denen sollte das Problem dann gelöst und endgültig behoben werden!


Geht leider nicht. Und ich muss mir abgewöhnen, dann doch zu versuchen, es zu schaffen.


Richtig gemein wird es, wenn der Hund einerseits alles „sinnlose“ in kürzester Zeit lernt, aber nichts, was man wirklich braucht.


Piri ist da so ein Paradebeispiel. Wenn es um das Thema „Spiel, Spaß, Spannung, Schokolade“ ging, brauchte ich selten mal wirklich kleine Schritte. Ich nahm mir vor, eine Woche an einer neuen Idee zu üben und sie konnte es innerhalb von einem Tag. Aber wenn es um Verhaltensänderungen geht, dann ist sie kleinschrittiger als kleinschrittig, dann geht das so langsam, dass ich oft überhaupt keine Fortschritte gesehen habe und nur, wenn ich z.B. denke, wie war es letzten Winter, im letzten Urlaub, wie war es vor zwei Jahren, vor drei Jahren, dann sehe ich inzwischen einen völlig anderen Hund.


Wenn ich beim ersten Treffen mit einem neuen Kunden sage „das dauert aber“ dann ist die Antwort meist „ist mir klar.“


Wenn es dann aber wirklich dauert, dann ist die Enttäuschung groß. Manchmal ist sie schon nach einer Woche da, manchmal nach zwei oder drei, aber die wenigsten halten einen Monat aus, bevor der Frust durchkommt.


„Das bringt doch alles nix“ ist dann ein Spruch, den ich oft höre. Oder auch „ja, aber das funktioniert nicht, wenn....“


Genau das ist leider der Punkt bei „kleinschrittigem Aufbau“. Wenn ich mit einem Hund übe, auf hundert Meter auf einer großen Wiese einen anderen ruhig vorbei zu lassen, dann wird es natürlich noch nicht klappen, wenn der Hund nur 10 m entfernt ist. Oder er mir auf einem schmalen Waldweg entgegen latscht. Und jetzt wird wieder jeder verständnisvoll mit dem Kopf nicken, aber wenn man selbst so einen Hund hat, dann wird man doch wieder ungeduldig, weil „das bringt doch alles nix!“


Noch schlimmer ist es, wenn man so weit vom Ziel entfernt ist, dass man das eigentliche Problem noch gar nicht angehen kann, wenn man lauter anderes Zeug machen soll, um überhaupt erstmal die Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen, um Ruhe rein zu bringen und eine Arbeitsbeziehung aufzubauen. Wenn es „nur“ um Vertrauen und Führung und Teamarbeit geht. Wozu braucht man das, wenn der Hund doch „nur“ still an anderen Hunden vorbei gehen soll?


Wir wollen immer zu viel zu schnell.


Ja toll. Die hat gut reden, die verdient ja auch daran. Stimmt.  Ich versuche es so zu sehen: wenn ich Klavierstunden geben würde und jemand kommt zu mir und erwartet, dass ich ihn in einem halben Jahr zum Konzertpianisten ausbilde, würde auch jeder den Kopf schütteln.


Und wieviel Hundeschule braucht man so? Ist ja schließlich ganz schön teuer das ganze!


Eigentlich gar nicht so viel, aber über einen längeren Zeitraum verteilt. Viel bringt nicht immer viel im Hundetraining. In der Regel ist weniger mehr. Man hat mehr davon, wenn man ein Jahr lang jeden Monat eine Einzelstunde nimmt und dazwischen mit Geduld und ohne Druck arbeitet, als wenn man zwölf Wochen am Stück kommt, seinen Hunden täglich durch Stresssituationen schleift, weil man ja trainieren muss, und dann in den Sack haut, weil es „eh nix bringt“.


Was man aber auf jeden Fall braucht, wenn man an einem echten Problemverhalten zu knacken hat, sind gute theoretische Kenntnisse. Und das sage ich nicht, um Theorievorträge zu verkaufen.


Theorie verkauft sich irre schlecht und, glaubt mir, wenn ich sowas anbiete und die Vorbereitungszeit mit einrechne, ist mein Stundenlohn irgendwo bei 0,50 EUR. Trotzdem habe ich mir vorgenommen, es jetzt vermehrt zu machen, denn selbst wenn nur zwei Leute sich hinsetzen und bereit sind, sich das ganze anzuhören, dann sind das zwei Hunde, die davon profitieren werden.


Mir liegen einfach die Problemfälle am Herzen, auch wenn ich da häufig den Frust der Halter abbekomme, weil alles so laaaaangsam voran geht oder weil sie sich auch mal unangenehme Dinge von mir anhören müssen.


Und ich kann's verstehen. Ich war ja genauso.


Ich sage immer, mit Piri ging es bergauf, als ich aufhörte zu trainieren. Aber das stimmt nicht, denn genaugenommen trainiere ich „immer“. Ich kann gar nicht anders, denn Training bedeutet für mich, einen Hund alltagstauglich zu machen und das mache ich nicht dreimal fünf Minuten am Tag sondern halt immer dann, wenn wir im Alltag in schwierige Situationen geraten.


Aber als ich behauptete, ich würde jetzt „aufgeben“ und „nur noch“ Spaß mit Piri haben, da habe ich endlich so kleinschrittig trainiert, dass es für sie richtig war. Auf riesige Abstände und ohne Druck, ohne Erwartungshaltung, ohne Stress, ohne Frust und Enttäuschung. Ich habe so mit ihr trainiert, dass sie es endlich bewältigen konnte.


Das ist der Grund, warum ich scheinbar so viel mehr Wert auf Spaß und Beschäftigung lege und irgendwie in meinen Stunden so gar nicht an den Problemen zu arbeiten scheine. Aber das stimmt nicht. Ich arbeite immer an den Problemen, allerdings in sehr kleinen Schritten und manchmal, ohne dass man es merkt. Es geht soviel besser, wenn der Fokus eigentlich darauf liegt, dass man z.B. einen Dummy apportieren möchte und jetzt „nur noch eben“ den Hund da vorne vorbeilässt, bevor man sich der wichtigen Aufgabe „apportieren“ widmet.


Spaß mit dem Hund ist viel, viel wichtiger, als sich ständig mit dem herumzuschlagen, was nicht klappt, denn durch gemeinsamen Spaß wird man ein Team, wächst zusammen und baut so ganz nebenbei eine gute Arbeitsbeziehung auf, die es einem dann auf einmal auch ermöglicht, die Probleme zu bewältigen die man doch eigentlich erstmal „weg haben“ wollte, bevor der Spaß des Lebens beginnen sollte.


Klar gibt es manchmal Probleme, die sich wirklich in ein paar Stunden lösen lassen. Nicht jeder Hund kommt mit riesigen Problemen an. Viele Dinge sind auch einfach typisch junger Hund und geben sich, wenn Fifi erwachsen geworden ist. Aber es gibt nun mal auch Dinge, an denen man richtig zu knacken hat und wenn es einfach nicht voran zu gehen scheint, wenn man doch alles so macht, wie erklärt und trotzdem wird es nicht besser, dann liegt es fast immer an einem von zwei Gründen: a) Inkonsequenz oder b) viel zu viel, viel zu schnell. Manchmal auch a) und b) zusammen.


Drei Schritte zurück und noch mal mit halber Kraft voran bringt dann mehr, als noch intensiver, noch öfter und mit noch mehr Elan trainieren zu wollen.

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Die Mär vom perfekten Hund - oder: wie Piri mich das scheitern lehrte

Ich habe lange überlegt, ob ich Blog und Hundeschule miteinander verbinden soll. Einerseits bin ich der klassische Laberkopp, der meint, die Welt mit seinen Ansichten beglücken zu müssen, anderseits bin ich furchtbar schlecht, wenn es um Werbung geht. Vielleicht vergraule ich meine Kunden, wenn ich über meine eigenen Fehlschläge schreibe?

 

Aber sein wir doch ehrlich: es ist viel lustiger darüber zu lesen, wie sich mal wieder jemand, der es eigentlich besser können sollte, zum Affen gemacht hat, als Berichte darüber, wie unglaublich toll und perfekt der Hund war oder wie moralisch-ethisch wertvoll man handelt oder wie man mal wieder die Weisheit mit Löffeln gefressen hat.

 

Und ich weiß, viele Hundebesitzer sind glücklich, wenn sie sehen, wie Piri die Große wau-wau-wau-wau machend neben mir herläuft, weil sie vor lauter Aufregung mal wieder nicht die Klappe halten kann. Ich kenne es ja selbst. Nichts ist besser für die Seele, als einen Hund zu sehen, der sich noch schlechter benimmt, als der eigene!

 

Wenn es eins gibt, was die Welt nicht braucht, dann noch eine Hundetrainerin, die von ihren Wundertaten berichtet und geschickt unter den Tisch fallen lässt, wenn es mal nicht so klappt, wie gedacht. Das heißt, wenn ich blogge, dann ehrlich oder gar nicht. Auch und gerade über meine eigenen Hunde.

 

Ehrlichkeit ist ein heikles Thema. Hundetrainerhunde haben schließlich perfekt zu sein, oder? Wozu soll man den Leuten Geld bezahlen, wenn sie nicht mal ihre eigenen Hunde im Griff haben?

 

Vor einiger Zeit war ich bei einem Seminar und dort war auch eine in Deutschland sehr bekannte und von mir auch für ihre Kompetenz sehr geschätzte Trainerin mit ihren Hunden. Wir standen auf einer riesigen Wiese und ihre Hunde entfernten sich immer weiter. Irgendwann liefen sie ewig weit weg am Waldrand herum.

 

Ich war schwer beeindruckt. So viel Vertrauen! Ich hätte meine Hunde schon längst abgerufen. Es könnte ja plötzlich etwas Unvorhersehbares auftauchen und auf diese Entfernung hätte ich dann nicht mehr rechtzeitig eingreifen können. Aber nein, diese Trainerin vertraute ihren Hunden, bestimmt, weil sie sie bis zum letzten i-Tüpfelchen ausgebildet hatte. Ich fühlte mich wie ein Versager bei dem Anblick.

 

Dann sagte jemand: "Willst Du nicht mal Deine Hunde zurückrufen? Die sind ganz schön weit weg."

 

Und die in Deutschland sehr bekannte und von mir sehr geschätzte Trainerin antwortete: " Die kommen jetzt sowieso nicht, wenn ich rufe, ich mach' mir da nur meinen Abruf kaputt."

 

Jau! Was ich dadurch gelernt habe, ist folgendes: auch Trainer haben keine perfekten Hunde. Nicht mal wirklich gute Trainer.

 

Ich hätte vielleicht nicht genug Vertrauen, um meine Hunde so weit weglaufen zu lassen, aber ich wusste, ich hätte meine Hunde in der beschriebenen Situation problemlos abrufen können.  

 

Ist sie deshalb eine schlechte Trainerin? Nein, ist sie nicht. Im Gegenteil. Sie konnte ihre Hunde gut einschätzen. Sie wusste, was sie leisten können und was nicht mehr. Und sie hat die Situation entsprechend beurteilt und die Entscheidung getroffen, dass auf dieser Wiese ein tolerierbares Risiko bestand und sie die Hunde deshalb laufen lassen konnte.

 

Meine Piri hat mich lange daran zweifeln lassen, ob ich wirklich als Hundetrainerin geeignet bin. Seit nunmehr sieben Jahren versuche ich ihr einigermaßen erfolgreich zu erklären, dass all das, was sie in den ersten vier Jahren ihres Lebens gelernt hat, nicht mehr zählt.

 

Stellt Euch vor, man schickt Euch auf einen anderen Planeten und erzählt Euch, alles was ihr bisher gelernt habt, was ihr über soziales Verhalten und menschliches Zusammenleben wisst, ist nicht mehr richtig. Stattdessen gelten jetzt neue Regeln, die denen, die ihr bisher kanntet, völlig widersprechen. Würdet Ihr sagen, ja klar, sicher doch, machen wir so? Oder würde es Euch auch nach Jahren immer wieder passieren, dass Ihr in alte Verhaltensmuster zurück fallt?

 

Manche Hunde können sich von ihrem vorherigen Leben befreien. Mein Wolli ist so ein Kandidat. Im Tierheim hatte er einen ausgesprochen schlechten Ruf. Seine Untaten wurden mir auf einer DINA4 Seite aufgelistet und ich habe unterschrieben, dass ich ausreichend informiert wurde, was ich mir da anlache.

 

Ich war mir sicher: das kann man hinkriegen. Und so war es auch. Wolli hat sein altes Leben so ziemlich hinter sich gelassen und ist mit seinem neuen Leben vollauf zufrieden. Perfekt ist er trotzdem nicht, aber meine Erwartungen hat er alle mehr als erfüllt. Vielleicht auch, weil Piri mich einiges über das Thema "realistische Vorstellungen" gelehrt hat.

 

Bevor Piri zu mir kam, war "Scheitern" für mich kein Thema. Wenn ich etwas wollte, dann habe ich es durchgezogen. Genauso hatte ich es mir mit Piri vorgestellt. Ich habe die Probleme, die sie mir zur Lösung vorlegte, analysiert, habe mir bei Experten Rat geholt, habe die nötigen Ressourcen organisier, habe einen Plan aufgestellt, mir Timelines und Zwischenziele gesetzt und dann bin ich das ganze angegangen.

 

Und Piri sagte: "Nö."

 

Ich habe meine Vorgehensweise überdacht und adaptiert, habe bei noch mehr Experten Rat gesucht, habe meine Timelines verlängert und meine Zwischenziele verkleinert und bin das ganze noch mal von vorne angegangen.

 

Und Piri sagte: "Nö."

 

Ich war mir lange, lange sicher, dass ich nur dran bleiben muss, nicht aufgeben, dazu lernen und irgendwann würde ich mein Ziel erreichen.

 

Das war vor sieben Jahren. Wir haben eine Menge erreicht, aber das, was ich ursprünglich mal im Kopf hatte, habe ich mir inzwischen aus selbigem geschlagen.

 

Denn Piri sagt dazu: "Nö."

 

Im Nachhinein hätte ich es mir denken können. Piri, die angedachte Diensthündin, wurde ausgemustert, weil sie den Anforderungen auch nach vier Jahren Training immer noch nicht genügte. Sie konnte zwar eigentlich alles, fiel aber trotzdem durch jede Prüfung.

 

Ist es da ein Wunder, dass sie meinen Anforderungen an einen alltagstauglichen Familienhund auch nicht genügte? Für den alltagstauglichen Familienhund ist jeder Tag eine Prüfung, nämlich sobald er in Kontakt mit anderen Lebewesen gerät. Und Piri lehnt Prüfungen kategorisch ab.

 

Unter Druck verweigert sie jegliche Performance. Sie schaltet einfach ab und macht dicht. Feierabend. Selbst Dinge, die sie gerne macht und aus dem FF beherrscht funktionieren nicht, wenn ich sie ihr unter Druck abverlange.

 

Wenn ich etwas von ihr will, gibt es nur einen Weg: jegliche Erwartung ad acta legen. Dann kann sie auf einmal.

 

Wir leben in einer Welt, in der der Druck, den perfekten, braven, zu allen und allem freundlichen und duldsamen Hund zu haben, enorm ist. Piri hat mir gesagt, sie macht da nicht mit. Ich habe lange gebraucht, das zu akzeptieren, aber irgendwann habe ich es getan. Seitdem hat sich zwischen uns eine Beziehung entwickelt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Piri ist "mein Hund" und schmeißt mir alles, was sie zu bieten hat (und das ist eine Menge) bedingungslos vor die Füße. "Da, Frauchen, kannst Du haben!"

 

Das rufe ich mir immer wieder ins Gedächtnis, wenn ich mich ärgere, dass wir die letzten Schritte nicht hinbekommen. Dann muss ich mir selbst eins vor den Hinterkopf geben und mich daran erinnern, wie es mal war und wie es jetzt ist und was sie alles für mich getan hat und für mich tut. Und dann fühle ich mich auf einmal ganz klein und undankbar. 

 

Und sein wir ehrlich: Piri lässt mich zwar an meinen Hundetrainerinnenfähigkeiten zweifeln, aber Piri ist es auch, für die ich soviel gelernt habe, dass ich jetzt mit Perlen der Weisheit um mich schmeißen kann. Mit netten, gut sozialisierten Welpen hätte ich das nicht geschafft. Dann würde ich mir vielleicht einbilden, dass ich's voll drauf habe, denn der Beweis - der gut erzogene Hund - steht ja neben mir. Aber wenn man 24h am Tag/ 7 Tage die Woche mit einem schwierigen Hund zusammen lebt, dann gehen einem Dinge in Fleisch und Blut über, an die man sonst nicht einmal denken würde. Und was vielleicht noch wichtiger ist: man weiß, was es bedeutet. Man kennt den Leidensdruck, die Sorgen, die Ängste, die Verzweiflung. Aber auch das Glücksgefühl über winzige Fortschritte und Kleinigkeiten, die auf einmal klappen.

 

Ja, und noch etwas habe ich gelernt: Hundetrainer einzuschätzen. Denn natürlich bin ich auf der Suche nach Hilfe durch die Instanzen gegangen und ich habe erkannt: es gibt gar nicht so viele Trainer, die wirklich Erfahrung mit Hunden wie ihr haben und die mir weiterhelfen konnten. Es gibt vielleicht eine Handvoll verstreut über ganz Deutschland.

 

Und daher kann ich heute sagen: Scheitern ist relativ. Den perfekten Hund habe ich nicht bekommen. Aber vielleicht den Hund, der perfekt für mich ist.

 

 

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Hundespaziergang, 12.09.2015

Nur ein paar Bilder vom heutigen Hundespaziergang. Acht Hunde waren dabei, und wie üblich habe ich nicht von allen gute Bilder. Aber es gab viel zu sehen und zu beobachten, bis man die anderen kennen gelernt und sich arrangiert hatte.

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Requiem für einen Roten Teppich

Erinnerung an glückliche Zeiten
Erinnerung an glückliche Zeiten

Lieber roter Teppich,

 

Ich erinnere mich noch genau, 17 Jahre ist es nun her, da fandest Du Deinen Platz in unserer Familie. Erstanden von meinem allerersten Weihnachtsgeld, mit Liebe ausgesucht, auf den IKEA-Wagen gewuchtet und nach Hause geschleift haben wir Dich. Da lagst Du dann in unserer allerersten, echten, eigenen Wohnung, ganz rot und wollig und irgendwie ... sauber.

 

Damals lebten wir noch in einer 2-Zimmerwohnung und Haustiere durfte man dort nicht halten. Du bist mit uns umgezogen, und noch mal und noch mal und dann, ja, dann war es endlich soweit: eigenes Haus. Kein Vermieter mehr, der einem was verbieten konnte. Und noch bevor wir eingezogen waren: HUND!

 

Was haben wir alles auf Dir erlebt! Du warst Spielplatz, Kuschelplatz, Tobeplatz und Lernplatz.  Alles, wirklich alles, was ich Piri beigebracht habe, hat auf Dir seinen Anfang genommen, so sehr, dass sie immer gleich zu Dir lief und auf Dir wartete, wenn ich sie fragte, ob sie Lust auf Arbeit hätte.

 

Aber Piri fand Dich sowieso von Anfang an toll. Immer, wenn ich nicht aufgepasst habe, hat sie ihre Joghurtbecher auf Dir ausgeschleckt und dabei kräftig auf Dir herumgekleckert. Oder noch schlimmer: Knochen. Besonders die, die man so richtig schön weich kauen muss, damit man den Knochenschleim auf Dich drauf sabbern kann.

 

Die Krise habe ich bekommen, als ich sie mit einem ca. 1 m langem Stück Rinderbauchfell erwischte, dass sie aus ihrem Napf gezerrt hatte, um es in aller Ruhe auf Dir zu zerlegen. Innereien diverser Tiere hast Du auch live erlebt und, ja, ich gebe Dir Recht, ich hätte da besser aufpassen müssen. Manchmal habe ich mich gefragt, was ein Forensiker aus Dir machen würde. Vermutlich denken, dass wir Opferrituale abgehalten haben.

Hund, der sich in Kürze auf den roten Teppich begeben wird
Hund, der sich in Kürze auf den roten Teppich begeben wird
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Alte Hunde

Wolli ist inzwischen so ca. 500 Jahre alt. Vielleicht älter. Wir wissen es nicht genau. Das Tierheim konnte uns nur einen Schätzwert nennen.

 

Hieß es bisher noch immer "echt, so alt ist der schon?" zweifelt inzwischen niemand mehr daran, dass unser kleiner Methusalix ein biblisches Alter erreciht hat.

 

Er wird nicht nur immer grauer, er hat dieses Jahr auch sonst deutlich gemacht, dass er kein jugendlicher Hüpfer mehr ist. Der Rücken macht nicht mehr mit. Die Sinnesleistungen lassen rapide nach. Und Gassi gehen ist auch nicht mehr so wirklich sein Ding.

 

Zunächst dachten wir ja noch, mit Physiotherapie und Schmerzmitteln kriegen wir ihn vielleicht wieder auf die Beine, aber Wolli sagt: nein.

 

Nichts desto trotzt ist er geistig noch immer gut dabei und nur, weil die Beine nicht mehr wollen, heißt das nicht, dass er nicht noch was vom Leben haben will. Und zu Hause bleiben, während Piri über seine Lieblingswiesen prescht, nee, das findet er doof. Daher haben wir beschlossen: Wolli braucht einen fahrbaren Untersatz.

 

Seit einiger Zeit ist der Wollmops stolzer Besitzer des Wollimobils. Den ersten Ausflug fand er noch gewöhnungsbedürftig, aber Wolli ist nicht nur verfressen, ein Sturkopf und ausgesprochen schlau, er ist vor allem eins: ein praktisch veranlagter Hund. Das haben wir ausgenutzt und den zweiten Ausflug bei strömendem Regen unternommen. Dannach war Wolli überzeugt. Trocken bleiben, auch wenn alle anderen klatschnass werden? Prima!

 

Wolli ist zufrieden, wir sind zufrieden, aber wir stoßen auch auf Leute, die den Kopf schütteln. Einen Hund im Kinderwagen herumfahren? Bekloppt!

 

Ja, aber so sind wir nun mal. Wolli hat von seinen ca. 500 Lebensjahren nur gute drei bei uns verbracht. Die anderen 497 Jahre waren ... gelinde gesagt ... nicht prickelnd. Falls er überhaupt jemals ein zu Hause gehabt hat, war es kein schönes. Und darum wollen wir, dass Wolli seinen Lebensabend bis zum letzten Tropfen auskosten kann. Wenn dazu gehört, ihn im Wollimobil immer mal wieder zu all seinen Lieblingsplätzen zu fahren, damit er dort über die Wiesen stolpern kann, dann werden wir das tun.

 

Alte Hunde sind teure Hunde. Ich weiß, wovon ich rede. Piri ist ja auch schon elf Jahre alt und hat so ihre Wehwechen und wenn es Wolli gut geht, dann fahren wir halt mit ihr zum Tierarzt. Wir haben ja sonst nichts zu tun.

 

Wenn nicht der Rücken schmerzt, dann legt man sich halt so heftigen Durchfall zu, dass man sich eine Übernachtung in der Tierklinik leisten kann und ewig lange nur Huhn und Reis im Napf hat, oder man stößt sich den Dickkopf so heftig an, dass das Trommelfell reißt oder man hat eine Bindehautentzündung oder vielleicht auch mal was ganz anderes.

 

Außerdem wird Wolli wohl, so lange es noch Sinn macht, einmal wöchentlich Physiotherapie machen (und wenn es keinen Sinn mehr macht, dann dürfte es auch Zeit zum Abschiednehmen sein) und ich habe das dunkle Gefühl, wenn der Punkt gekommen ist, an dem es keinen Sinn mehr macht, dann fahren wir anschließend Piri regelmäßig zum Unterwasserlaufband.

 

Ist es das wert? Ach, sein wir doch mal ehrlich: so lange Wolli noch lebt (und das ist hoffentlich noch ein Weilchen der Fall) können wir eh keinen Urlaub mehr machen. Das wollen wir ihm nicht mehr zumuten. Investieren wir das Geld halt in Tierarzt, Physiotherapie und altersgerechtes Hundeequipment.

 

Ich denke, wenn man irgendwann am Ende seines Lebens zurückblickt, und sich fragt, was war mir wichtig, dann wird es nichts mit materiellen Dingen zu tun haben sondern mit Erlebnissen. Und diese Tage, mit meinen beiden alten Hunden, die sind schon was besonderes.

 

Man macht sich keine Sorgen mehr um Training und Erziehung oder um Probleme, die man mal gehabt hat. Das ist alles nicht mehr so wichtig. Man kann auch großzügiger sein, die Konsequenz mal schleifen lassen, dem Betteln am Kühlschrank oder aufdringlichem Verhalten nachgeben.

 

Man nimmt jeden einzelnen Tag und versucht, das beste draus zu machen, denn man weiß viele werden es nicht mehr sein. Noch mal auf die Lieblingswiese, noch mal diesen Weg gehen oder jenen. Noch mal fünf Minuten knuddeln, auch wenn man es gerade eilig hat. Runter zum Bach oder eine Dusche unter dem Gartenschlauch, auch wenn ein nasser Hund gerade wirklich unpraktisch ist.

 

Sich Zeit nehmen.

 

Zeit ist ja etwas, das wir alle zu wenig haben, aber wenn ich mir meine beiden alten Hunde anschaue, dann denke ich auch darüber nach, was ich mit meiner Zeit anfangen will. Will ich hektisch von einem Termin zum anderen rennen oder will ich lieber mit Wolli auf der Couch kuscheln? Ist mir ein sauberes Haus wichtig oder eine Trödelrunde mit Piri durch den abendlichen Taunus? Will ich Dinge oder will ich Erinnerungen?

 

Ich habe mir nie so viele Gedanken um wollen und müssen und dürfen gemacht, wie im Moment und stelle fest, ich habe immer viel zu viel wert auf "müssen" gelegt. Meine Hunde haben mich gelehrt, mehr auf "wollen" und "dürfen" zu achten. Nicht so streng mit mir zu sein. Fünfe gerade sein lassen. Mit den Schultern zucken, wenn Leute komisch reagieren.

 

Dafür bin ich ihnen dankbar. Und für vieles andere natürlich auch.

 

 

 

 

 

 

 

 


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